chrmsrev1Plastikarm sollte das diesjährige Weihnachtsfest werden – wenigstens plastikärmer als in den letzten Jahren. Aber wie so oft im Leben, kommt es erstens anders und zweitens als man denkt.

Da überlistet uns die eigene Bequemlichkeit, der ängstliche Blick auf das enge Budget oder Tante Edeltraud, die ihre Geschenke mit Hilfe von Plastik-Klebeband quasi öffnungssicher verpackt.

Wie unser plastikarmes Weihnachten funktioniert hat, welche Alternativen es für das nächste Jahr gibt und welche Stolpersteine im Weg lagen und liegen, zeigt diese Folge des Plastik-FreiTag.

Gute Vorsätze

Gerade am Ende des Jahres fassen wir viele gute Vorsätze. Oft scheitern wir an unserem eigenen „schwachen Geist“ oder daran, dass wir bei unserer Planung einen ganz entscheidenden Faktor außer Acht lassen: die Anderen. Wer schonmal versucht hat, mit dem Rauchen aufzuhören, während der quarzende Partner daneben stand und einem die Nikotinschwaden verführerisch um die Nase blies, wird genau so gut verstehen, was ich meine, wie derjenige, der versucht hat, sich ausschließlich von Grünzeug zu ernähren, während die Kollegin in der Kantine schon die zweite Portion Mousse au chocolat mit Sahne verdrückte. Wenn die anderen nicht mitspielen, wird jedes Unterfangen beinahe so schwierig als würde unser innerer Schweinehund mal wieder bocken.

Nun ist ja Plastik nichts, wovon wir körperlich abhängig sind. Wir fangen nicht an zu zittern, wenn wir während unserer „Plastikdiät“ in der Fußgängerzone mit Tüten bewaffnete Menschen sehen und wir bekommen keine Depressionen, wenn wir unser Butterbrot in eine Dose anstatt in eine Tüte packen. Obwohl – leicht depressive Verstimmungen, Hitzewallungen und Schweißausbrüche bei einer Umstellung auf „plastikarm“ von vornherein auszuschließen, wäre Augenwischerei.

Im Grunde ist plastikarm ja nur eine Veränderung kaum mehr wahrgenomener Gewohnheiten, die wir (und da beziehe ich Sie mit ein, Sie lesen vermutlich nicht ohne Grund hier mit) nicht einmal mehr wertschätzen. Trotzdem ist „plastikarm in der Weihnachtszeit“ eine ganz besondere Herausforderung.

Weihnachten plastikarm

Listen wir einmal kurz auf, was Weihnachten – wohlgemerkt rein konsumtechnisch gesehen – so ausmacht: Tannenbaum nebst -schmuck, Kerzen, Festessen, Geschenke, Verpackung, Plätzchen, Stollen und sonstiger Naschkram.

Tannenbaum und -schmuck

Damit hatten wir diese Weihnachten nichts zu tun. Bei uns gab es einen „Wanderbaum“: Meine Mutter hat ihn meinem Bruder geschenkt, der uns nach der Feier bei ihm den Baum vermacht hat. Somit mussten wir selbst keinen kaufen. Ein plastikfreier Weihnachtsbaumkauf ist relativ einfach. Kauft man den Baum ohne Wurzeln, erspart man sich und der Umwelt den Plastiktopf. Wer auch auf das Plastiknetz verzichten möchte, nimmt Paketschnur mit und bindet die Zweige von unten nach oben damit fest. So lässt sich dann die Schnur nach der Befreiung des Baumes auch noch für ihren eigentlichen Zweck verwenden.

Weihnachtsschmuck ohne Plastik ist keine Seltenheit. Will man allerdings die dazugehörige Plastikverpackung auch noch einsparen, kauft man den Schmuck am Besten auf dem Weihnachtsmarkt oder bastelt ihn selbst. Aus Filzplatten oder buntem Karton ausgeschnittene Weihnachtsmotive, Strohsterne, gold angemalte Walnüsse oder leckere Lebkuchen (die nach dem Abschmücken sehr nachhaltig bei Kaffee und Kakao entsorgt werden können) sind wohl die Klassiker. Im Internet gibt es aber auch viele andere Anleitungen. Eine tolle Alternative ist auch das Ausstechen oder kreieren weihnachtlicher Formen aus Salzteig – damit lässt sich dann auch mal ein verregneter Dezembernachmittag ausfüllen.

Kerzen

Fangen wir mit den Teelichtern an. Die günstigste Variante sind vermutlich die Großpackungen im Plastikbeutel, die in diversen Billigläden, aber auch in vielen Supermärkten angeboten werden. Will man aufs Plastik – und auch aufs Aluminium – verzichten, muss man eben Masse durch Klasse ersetzen. Einige Drogeriemärkte bieten aluminiumfreie Teelichte im Pappkarton, bei diversen Ökoläden gibt es (auch online) klimaneutrale Biokerzen aus nachwachsenden Rohstoffen mit bis zu 4 Stunden Brennzeit.

„Normale“ Kerzen ohne Plastikverpackung zu bekommen ist vergleichsweise einfach. So bieten dm und Rossmann einzelne Kerzen an, die nur eine Papierbanderole haben. Alternativ dazu kann man bei einigen Imkern online Bienenwachskerzen bestellen, die plastikfrei verpackt sind (vorher nachfragen!) oder man stellt Kerzen selbst her, indem man sie z.B. aus geschmolzenem Bienenwachs zieht. Einfacher zu verarbeiten sind Bienenwachsplatten, in die man den Docht fest einwickelt.

Info: Die Billigware, die man saisonal in Discountern bekommt, enthält in der Regel gerade mal 25% Bienenwachs. Der Rest ist meist Paraffin, welches – wie Plastiktüten – aus Erdöl gewonnen wird und mit einer negativen Klimabilanz daher kommt. Außerdem werden beim Verbrennen dieser Kerzen gesundheitsschädliche Stoffe freigesetzt. Aber auch beim reinen Bienenwachs sollte man Vorsicht walten lassen, wie uns der hiesige Imker berichtete. Das normale Bienenwachs kann u.a. Pestizide enthalten und daher beim Verbrennen ebenfalls giftige Stoffe abgeben. Zu bevorzugen ist Bio-Bienenwachs, das man relativ günstig bei verschiedenen Imkern bekommt. Wir haben für eine Platte (40,5 x 12,5 cm – daraus kann man je nach Form und Dicke 1-2 Kerzen drehen) 1,20 € bezahlt.

„Natürlicher Preis-Vorteil“ ist, dass alternative Kerzen häufig eine längere Brenndauer haben. Bewahrt man die Kerzen im Gefrierschrank auf, verlängert sich die Brenndauer nochmals. Allerdings können beschichtete oder dekorierte Kerzen bei zu niedrigen Temperaturen brechen – diesen Tipp aus Großmutters Trickkiste also besser erstmal an einer einzelnen Kerze ausprobieren.

Das Festessen

Relativ gut funktioniert hat unser Teil des Festessens. Wir waren zuständig für Gemüse- und Spinatlasagne. Lasagne gibt es im Pappkarton, Kräuter im Garten, das Gemüse haben wir nach dem Wiegen in einen Karton gepackt. Während ich die losen Kartoffeln auf die Waage stapelte, fragte mich die nette Verkäuferin „Soll ich Ihnen ein Tütchen holen?“ Meine Frage, ob sie denn eine Papiertüte habe, verneinte sie, also verneinte ich auch ihre mit einem freundlichen: „Dann möchte ich keins, danke.“

Beim TK-Blattspinat fanden wir alternativ zur Aldi-Version im Plastikbeutel beim Edeka einen Kompromiss im nur hauchdünn mit Plastik beschichteten Pappkarton. Allerdings hätte ich an der Käsetheke sicher ein Stück Schafskäse im Papiertütchen bekommen, statt dessen nahm ich im Vorbeigehen den abgepackten Fetakäse vom Aldi mit. Hätte ich ein bißchen mehr Zeit für den Einkauf eingeplant und mir vorher Gedanken darüber gemacht, was ich wo ohne Plastik bekomme, hätte ich sicher auch an die Käsetheke gedacht. Leider ging bei den Vorbereitungen zum Familiengeschenk einiges schief, wodurch eine Menge Zeit zum Planen verloren ging.

Merksatz für mich selbst: Plane für Selbermachgeschenke mindestens die doppelte benötigte Zeit ein. Mache Dir VOR dem Einkauf Gedanken über Alternativen – vor allem an Weinachten!

Geschenke und Verpackung

Auch beim Geschenkekauf ist eine vorausschauende Planung das A und O. Abgesehen davon, dass man zum Einkaufsbummel selbstverständlich ausreichend Taschen mitnehmen sollte, um den weihnachtlichen Plastiktütenwahn auszubremsen, kann man sich schon vorab im Internet schlau machen, ob es alternative Bezugsquellen für die geplanten Geschenke gibt, die den gewünschten Artikel auch unverpackt vorrätig haben könnten – im Zweifel anrufen und nachfragen.

Bei uns schien verpackungstechnisch zunächst alles gut zu laufen. Unsere selbstgemachen Familiengeschenke kamen komplett ohne Verpackung aus, das meines Bruders ebenfalls und auch meine Mutter hatte beim Familiengeschenk auf die Verpackung verzichtet. Was doch noch verpackt war, hielt mit Mini-Streifchen Klebeband, mit einem hübschen Aufkleber oder einem Tupfen Klebestift. Dann überreichte mir mein Mann sein Geschenk. Es war in Zeitungspapier verpackt. Obendrauf stand dick „plastikfrei“. Und das war das enthaltene kuschelige Badetuch auch tatsächlich. Das stellte ich allerdings erst fest, nachdem ich es mühevoll aus seinem Gefängnis gepuhlt hatte, das mein Mann in liebevoller Kleinstarbeit mit Hilfe von mindestens einer Rolle Klebeband gebastelt hatte. Ich schwöre, Tante Edeltrauds Verpackungskünste sind ein Dreck dagegen…

Das konnte ich meinem holden Gatten auch nur deshalb durchgehen lassen, weil ich sein Geschenk – eine Baumwollstrickjacke – im Versandhandel bestellt hatte. Wie Kleidung verpackt ist, die im Paket geliefert wird, dürften viele wissen. Und passend zu Weihnachten war besagter Versandhandel dann auch besonders großzügig mit seiner Plastikfolie.

Merksatz für mich: Nichts mehr im Internet bestellen, bevor die Verpackungssituation nicht vorher telefonisch geklärt wurde.
 
Erledigen: Musterbrief an diverse Modeversandhäuser vorbereiten und online stellen.

Entschädigt für das heimische Umweltdesaster hat mich dann meine Schwiegermutter. Zwar war ihr Paket mit Klebeband zugeklebt, die Päckchen im Inneren waren aber ohne Klebeband verpackt, mit einer speziellen Falttechnik.

Alternativen für Plastik-Klebeband:

  • Bänder oder Schnüre
  • Papieretiketten
  • Aufkleber
  • Klebestift
  • Malerkrepp
  • Klebebänder aus Papier

Plätzchen, Stollen und andere Naschereien

Dieses Jahr wurde gebacken: Weihnachts-Butterplätzchen, Hafercookies und zum Abschluss – eigentlich für die Waldretter, aber wir haben natürlich selbst auch davon genascht – vegane Weihnachtskekse. Für die veganen Kekse musste ich einen Ausreißer in Kauf nehmen: Margarine gibt es hier nur in der Plastikdose. Die werden wir nach dem Leeren aber wiederverwenden um das Fleisch für unsere Dackelina (wird gebarft) einzufrieren.

Stollen mögen wir nicht so sehr gerne, weshalb es sich nicht lohnt, für uns welchen selbst zu backen. Also gab es einen gekauften Stollen – in Plastikfolie. Mangels Alternativen für Printen & Co. reduzierten wir unseren Nascheinkauf auf ein Minimum: Je 1 Packung Honig-/Nuss- und Kräuterprinten gab es für das gesamte Weihnachtsfest. Super schienen die Spekulatius bei Aldi, die stecken in einer Papiertüte, deshalb gab es davon eine Packung mehr. Leider musste ich nachträglich feststellen, dass es sich um einen faulen Kompromiss handelt, weil zwischen den Papierschichten Alufolie ist.

Nächstes Jahr werde ich frühzeitig nach Alternativen schauen oder mehr Zeit fürs Selberbacken einplanen, denn klassisches Weihnachtsgebäck plastikfrei, das ist nicht so einfach, wie ich ursprünglich dachte. Die Leckereien vom Printen-Spezialisten Lambertz z.B. bekommt man zwar in der Blechdose, innendrin sind jedoch Plastik-„Inlays“.

Erledigen: Musteranschreiben an Printenhersteller, damit künftig wenigstens die Kunststoff-„Inlays“ weggelassen werden.
Der Supergau

supergauDieser plastiktechnische Supergau erreichte uns am ersten Weihnachtstag. Wir haben uns ehrlich gefreut, weil dieses Mitgebsel eine sehr nette Geste war. Erwähnung findet es hier nur, weil immer noch viel zu viele Menschen zu Weihnachten (und nicht nur dann) Naschereien in Kleinstverpackungen verschenken und sich vorher keine Gedanken darüber machen, wie viel Plastikmüll dadurch anfällt.

Hier ein paar schöne Alternativen zum klassischen Mitbringsel oder Mitgebsel, die nicht sehr aufwändig sind und die teilweise auf Vorrat herstellen und aufbewahren kann:

  • Pralinen
    Selber machen oder unverpackt in der Confiserie kaufen und in einer schönen Papiertüte oder einem sauberen (und nach Wunsch verzierten) Marmeladenglas verschenken.
  • Kräuteröl
    Olivenöl in eine Glasflasche füllen, 2 Zweige Kräuter (Thymian, Rosmarin, o.a.) und nach Wunsch 1-2 Knoblauchzehen, einige Pfefferkörner und/oder 2-3 kleine Chilischoten in die Flasche geben, verschließen. Nach 2-3 Wochen ist das Öl gut durchgezogen und kann so verschenkt werden.
  • Schokokonfekt
    Gehackte Mandeln in der Pfanne kurz anrösten, mit geschmolzener Schokolade mischen, teelöffelweise auf Backpapier setzen, erstarren lassen und in einem Einmachglas oder einer mit Pergament ausgelegten Blechdose verschenken. Statt der Mandeln kann man auch angeröstete Erdnüsse oder einfach Cornflakes nehmen.
  • Gebrannte Mandeln
  • Marmelade, Gelee oder Konfitüre
  • Vanillezucker
    Vom Backen übriggebliebene, ausgeschabte Vanilleschote in ein leeres, sauberes Marmeladenglas stellen, mit Zucker auffüllen und ziehen lassen. Kann immer wieder mit Zucker nachgefüllt werden und aromatisiert diesen einige Male.
  • Verzierte Spanschachteln
    Gibt es im Bastelgeschäft und in einigen Dekoläden. Mit Dekosteinen, Serviettentechnik, Acrylfarben oder Wollresten verziert, eignen sie sich nicht nur als Verpackung, sondern sind auch unbefüllt ein schönes Mitbringsel.

jam-382489_640Viele Dinge, die man sowieso in der Küche herstellt, vom Aufstrich bis zur Nudelsoße, lassen sich konservieren und später im Glas verschenken.

Ein schön gestaltetes Etikett und ein Stück Stoff mit einem hübschen Band über dem Deckel befestigt, machen auch verarbeitete Lebensmittel geschenketauglich.

Ich habe einiges gelernt an diesem Weihnachtsfest. Vor allem, dass sich nicht alles planen lässt und man sich selbst kleinere (und auch größere) Schlappen nachsehen sollte. Die Hauptsache ist doch, man tut sein Möglichstes und verliert das Ziel nicht aus den Augen. Kleine Verschnaufer am Wegesrand sollten gestattet sein, wenn man anschließend auf den Weg zurückfindet.

Garantiert werde ich Ihnen diesen Artikel nächstes Jahr schon Anfang Dezember auf die Nase drücken, selbstverständlich in aktualisierter Form. Ihn jetzt schon zu schreiben, konnte ich mir aber nicht verkneifen, weil ich die Hoffnung habe, dass sich auf dem ein oder anderen Weg vielleicht etwas erreichen lässt, was das nächste plastikarme Weihnachten ein bißchen einfacher macht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen noch frohe Feiertage und ein gesundes und glückliches (und natürlich plastikarmes) neues Jahr.

© Andrea Wlazik

Außerdem in der Reihe Plastik-FreiTag:

Plastik-FreiTag: Weihnachten auf Plastikbergen

Plastik-FreiTag: Das Ding mit der Motivation

Plastik-FreiTag: Kaffeekapseln – Fluch oder Segen?

Plastik-FreiTag: Musterbrief Kaffeekapseln

Plastik-FreiTag: Schluss mit Plastiktüten im Land der Horizonte!

Plastik-FreiTag – Auf in ein plastikfreies Leben!


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