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Klein, bunt, peppig und soooo praktisch, so wurden uns Kaffeekapselmaschinen angepriesen. Sind Sie auch drauf reingefallen? Kein Grund, sich zu schämen!

Werbemenschen haben ihr Fach gelernt. Sie sind Meister im Manipulieren – das ist ihr Job. Sie tun das tagtäglich mit stetig wachsendem Erfolg. Besonders gefährlich wird es, wenn ihre Werbeaussage Wahrheiten beinhaltet, die unseren Bedürfnissen entsprechen. Auf Knopfdruck innerhalb von Sekunden eine superfrische Tasse Kaffee oder noch besser einen Latte Macchiato, Espresso oder Capuccino zu bekommen, klingt zum Beispiel schon verführerisch.

Kaffeekapseln als Statussymbol

Krups, Bosch, Philips – namhafte Marken neben exotisch und nobel klingenden Namen wie DeLonghi, Francis Francis und illy versprechen Qualität, modernes Design und ein Gefühl von „Je ne sais quoi“. Im Angebot bekommt man so ein Gerät schon mal um die 40 €, also etwa zum Preis einer Standardkaffeemaschine. Viele Firmen legen sogar noch was obendrauf wie z.B. eine Packung exquisiter Kaffeesorten, portionsweise liebevoll in Plastik und Alu verpackt oder einen Geschenkgutschein oder ein paar Monate Zusatzgarantie. Für diesen lächerlichen Preis nebst Goodie hat man dann den unglaublichen Luxus total verpennt in die Küche zu latschen, einfach einen Knopf zu drücken und Sekunden später das zum Leben erweckende Heißgetränk genießen zu dürfen.

Man darf durchaus auch die Hoffnung haben, beim vermutlich ziemlich verkrampften ersten Date bei der hübschen neuen Nachbarin mit einem superfixen Latte Macchiato zu punkten. Kein Kaffee mehr, der überdosiert dafür sorgt, dass sich die Zehennägel aufrollen, keine Blamage mehr, weil man durch den Kaffee die Prägung am Tassenboden lesen kann. Wer könnte da schon widerstehen – außer ein paar Genießern vielleicht, die die Kaffeebohnen am Liebsten mit einer nostalgischen Kaffeemühle mahlen und ihren Kaffee ganz klassisch per Hand aufbrühen?

Also, lassen Sie sich nicht kirre machen, nur weil Sie eine Kapselmaschine in Ihrer Küche stehen haben. Mal ehrlich: Was macht es denn, dass jetzt alle Welt schimpft über den Müll, den die benötigten Kaffeekapseln machen? Und wen kümmert es, dass Ihre neue Nachbarin Sie jetzt für einen verschwenderischen Idioten hält, weil Sie zwischen 20 und 60 € für ein Kilo Kapselinhalt – vom Billigkaffee bis hin zum exklusiven Mischmasch mit Milchpulver plus Zucker plus Aromastoffe- zahlen! Ist doch Ihr Geld – lassen Sie sich nicht einschüchtern! Soll die Nachbarin ihren Kaffee doch woanders trinken!

Soll sie nicht? Okay, dann reichen Sie ihr doch lieber ein Glas Rotwein und schauen sich mit ihr gemeinsam bei Kerzenlicht die folgende Kurzdoku an.

„Mehr Müll mit Kaffeekapseln“

In dieser Doku verrät Jürgen Stellpflug, Geschäftsführer von Öko-Test, dass die Zubereitung von Kapselkaffee zehnmal mehr Müll macht, als wenn man seinen Kaffee auf herkömmliche Weise zubereitet. Da haben Sie doch gleich ein Gesprächsthema mit der netten Nachbarin.

Die erzählt etwas von 4.000 Tonnen Müll jährlich in Deutschland alleine durch Kaffeekapseln und das ist nicht das einzige Argument, das sie neben ihren tiefblauen Augen vorzuweisen hat.

Ja, sie hat Recht – die Kapseln sind eine Umweltsauerei, egal ob sie aus Plastik oder aus Aluminium hergestellt wurden. Für die Herstellung der Plastikkapseln wird Rohöl benötigt, überflüssige Rohstoffverschwendung also. Außerdem dauert die Zersetzung von Plastikmüll hunderte von Jahren. Somit baut er sich nicht ab, sondern sammelt sich an – als nettes, buntes Andenken für die nachfolgenden Generationen.

Aluminiumkapseln sind nicht weniger umweltschädlich. Um Bauxit, den Ausgangsstoff zu Aluminium abbauen zu können, werden Regen- und Urwälder gerodet. Die Herstellung ist extrem energieaufwändig. Bei der Gewinnung eines Kilogramms Aluminium aus Bauxit werden acht (!!!) Kilogramm Kohlendioxid frei und es entstehen hochgiftige Stoffe, wie z.B. schwermetallhaltige Schlämme und klimaschädliche Fluorkohlenwasserstoffe. [Weitere Informationen zum Thema gibt’s beim BUND.]

Veränderung in kleinen Schritten

Achtung: Lassen Sie sich jetzt nur nicht einreden, Sie sollten Ihre Kaffeekapselmaschine auf den Müll werfen. Sie hängen doch sicher daran – das gute Stück hat immerhin nicht nur Ihr Geld sondern in der Herstellung auch Energie und Rohstoffe gekostet. Auf das moderne, peppige Ambiente, dass das Luxusgerät in Ihre Junggesellenbude gezaubert hat, möchten Sie bestimmt nicht mehr verzichten. Auf die nette Nachbarin auch nicht? Ein Dilemma!?

Keinesfalls! Es gibt bereits nachfüllbare Leerkapseln z.B. für die Nespresso-Kapselmaschine – sowohl aus Kunststoff (was Ihnen vermutlich einen schiefen Seitenblick Ihrer netten Nachbarin einbringen würde), als auch aus Edelstahl. Den ansehnlichen Preis für die Edelstahlkapsel sollten Sie bald wieder rein haben. Von der weiteren Ersparnis können Sie sich einen richtig guten Kaffee leisten. Oder Sie führen Ihre nette Nachbarin zum Essen aus…

Unser Tipp: Wer noch leere Kapseln übrig hat, muss diese nicht entsorgen. Auf youtube finden sich jede Menge Recyclingtipps. So lässt sich aus den bunten Umweltsünden z.B. Schmuck basteln. Und auch für die Adventszeit finden sich Ideen: https://www.youtube.com/watch?v=EP79l51amKw

Wenn Sie sich nur aus Prestigegründen nicht von ihrer Kaffeekapselmaschine trennen mögen, Ihnen der Umstieg auf die Edelstahlkapsel (verständlicherweise) zu unbequem ist: Lassen Sie doch einfach die Maschine als Deko-Element in Ihrer Küche stehen und nutzen Sie künftig Instant-Kaffee.

Für all jene, die noch keine Kaffeekapselmaschine besitzen, haben wir den ultimativen Umwelttipp: Kaufen Sie sich keine! Sollten Sie bereits damit liebäugeln, weil Sie auf die „flotte Tasse“ spekulieren, investieren Sie ein bißchen mehr und kaufen Sie sich einen Vollautomaten, der die Bohnen frisch mahlt und aufbrüht. Die gibt es sogar mit integriertem Milchaufschäumer. Vergleichen Sie mal spaßeshalber den Kilopreis fair gehandelter Bohnen mit dem von Kaffeekapseln, Sie werden sehen – umsteigen lohnt sich!

Abschließend für alle, die sich ärgern, weil in ihrem Lieblingscafé, ihrem bevorzugten Imbiss, bei ihrem Arzt oder Anwalt Kaffee aus Kapselmaschinen ausgeschenkt wird: Beschweren Sie sich! Egal wie nett Ihr Arzt ist, wie freundlich die Bedienung, wie lecker der Kaffee: Wenn es Sie stört, dass Ihr Heißgetränk aus einem Kapselautomat kommt, müssen Sie das kommunizieren, sonst ändert sich nichts. Wir haben dazu einen „Musterbrief Kaffeekapseln“ vorbereitet, den Sie gerne nutzen dürfen. Bringen Sie ihn persönlich beim Empfänger vorbei, schicken Sie ihn per Post oder ganz umweltfreundlich per Mail. Wir würden uns freuen, von den Ergebnissen Ihrer Bemühungen zu hören.

© Andrea Wlazik

Bisher in der Reihe „Plastik-FreiTag“:

Plastik-FreiTag – Auf in ein plastikfreies Leben!

Plastik-FreiTag: Schluss mit Plastiktüten im Land der Horizonte!

Plastik-FreiTag: Musterbrief Kaffeekapseln

 

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