Kreistag

Im Hambacher Forst, einem ursprünglichen Wald zwischen Köln und Aachen, besetzen Menschen Bäume, um diese vor der Rodung durch den Braunkohleriesen RWE zu schützen. Seit drei Jahren verzögern sie so die Abholzung des schützenswerten Stieleichen-Hainbuchen-Waldes, der über 140 bedrohten Tierarten ein zu Hause bietet. Die SPD legte dem Kreistag einen Vorschlag vor, in dem die Umweltaktivisten deutlich kriminalisiert wurden. Beim Termin am 26.03.2015 kam unerwartet ein Sprecher der Aktivisten zu Wort.

SPD-Resolution an den Kreistag

Wir berichteten schon des Öfteren über die Besetzungen im Hambacher Forst und die Verflechtungen, die zwischen Kommunalpolitik und RWE bestehen. Wie bereits im Artikel „Zufall oder Amtsmissbrauch?“ beschrieben, forderte Josef-Johann Schmitz, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag Düren, das Problem mit den – ich fasse es mal zusammen „radikalen Umweltaktivisten, die sich nicht an die Gesetze halten, Mitarbeiter attackieren, letztere sowie die Polizei und sich selbst gefährden, Sprengsätze bauen und Spaziergänger in Angst und Schrecken versetzen“ mit der „notwendigen Entschlossenheit“ anzugehen.

Bezug genommen wurde auf die sich häufenden Auseinandersetzungen zwischen RWE- Securities und den Besetzern, über die – oftmals ausgehend von der Polizeipresse – in den Medien einseitig zu Lasten der Besetzer berichtet wurde.

Rede eines Aktivisten beim Kreistag

Der öffentlichen Einladung zum Kreistag kamen unter anderem etwa 15 Personen nach, die zu den Aktivist*innen und Unterstützer*innen der Besetzungen im Hambacher Forst gezählt werden können. Als sich Aktivist Tino Schnuck zu Wort meldete, war zunächst unklar, ob diesem ein Rederecht eingeräumt werden kann. Um keinen Präzedenzfall schaffen zu müssen, wurde die Sitzung offiziell unterbrochen, solange der Aktivist am Rednerpult stand. Anwesende bezeichnen Tinos Rede, in der es zunächst einmal um die Definition von Gewalt (auch von staatlicher und RWE-Gewalt)  ging, als leidenschaftlich.

„Ich erkenne an, dass die Region wirtschaftlich abhängig ist von RWE. […] Das ist ein riesiges Problem. Das ist ein Fehler, der jahrzehntelang von der Lokalpolitik begangen wurde, sich abhängig zu machen von einem einzigen Konzern und tausende Arbeitsplätze in der Region zu binden an einen einzigen endlichen Energieträger, der natürlich irgendwann ausläuft. […] Das Problem ändert sich aber nicht, ob Sie in 40 Jahren aus der Braunkohle aussteigen oder jetzt […] Setzen Sie sich mit den Fakten auseinander, lesen Sie die Berichte des „International Panel on Climate Change“ und Sie werden feststellen: Es ist weit über kurz vor zwölf hinaus! Die Welt muss handeln!“
Aktivist Tino Schnuck (Quelle: Pressemitteilung)

Am Ende wurde der Resolutionsvorschlag der SPD-Fraktion vom Kreistag abgelehnt. Statt dessen wurde ein moderaterer alternativer Resolutionsvorschlag von Bündnis 90/Grüne und CDU verabschiedet, der zur Deeskalation der Situation zwischen RWE und Aktivisten aufruft und das verfassungsmäßige Recht auf friedliche Demonstration gewahrt sehen will.

Die vollständige Rede von Tino Schnuck ist durchaus lesenswert, die Inhalte sollten jedem von uns zu denken geben.

Petition könnte „Klüngel“ eindämmen

In diesem Fall hat die Vernunft gesiegt über den Klüngel zwischen RWE und der Kommunalpolitik. Leider ist dem nicht immer so. abgeordnetenwatch.de fordert mit der Petition „Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!“. die Offenlegung sämtlicher Einkünfte sowie die namentliche Nennung aller Geldgeber. Lobbyverflechtungen können so jederzeit auch von Privatpersonen nachvollzogen und offengelegt werden.

© Andrea Wlazik

Lesen Sie außerdem:

Zufall oder Amtsmissbrauch?

Schon wieder Amtsmissbrauch bei der CDU?

veRWEchselbar: Klüngel oder Amtsmissbrauch?

Steckt Euch Eure Kohle in den Piep!

Übrigens: Wortkulturen gibt es auch auf Facebook!