Raif Badawi

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Woche für Woche bangen Millionen Unterstützer des Bloggers und Familienvaters Raif Badawi um dessen Leben. Der 31-jährige war im Mai 2014 von einem Strafgericht in Dschidda, Saudi Arabien, unter anderem zu 10 Jahren Haft und 1.000 Peitschenhieben verurteilt worden.

Vier Menschen werden jede Woche aufs Neue mehr Angst um Raif Badawi haben als jeder andere: Seine Frau Ensaf Haidar und ihre drei Kinder. In einem Brief an seinen Vater erzählt der 10-jährige Doudi wie sehr sie alle ihn vermissen.

Raif Badawi

Raif Badawi ist Blogger. Wegen Gründung der Website „Saudi-Arabische Liberale“ war er 2012 verhaftet worden. Auf seiner Homepage hatte er sich kritisch mit Saudi-Arabien und dessen Umgang mit dem Islam auseinandergesetzt. Im Mai 2014 wurde er dann schuldig gesprochen u.a. wegen „Beleidigung des Islam“ und zu zehn Jahren Haft, 20 x 50 Peitschenhieben, einem Reiseverbot von 10 Jahren, einer Geldstrafe von umgerechnet ca. 200.000 € und Medienverbot verurteilt worden.

Laut Sohn Doudi ist Raif Badawi „eine friedliebende Person, die die Menschen liebt und ihnen Gutes wünscht“, ein Mensch, der für seine Ideale ins Gefängnis gegangen ist. Für seine Frau ist er „der wundervollste Mensch“, der ihr je begegnet ist. Sie beschreibt ihn als passionierten Journalisten, der sich sehr für Meinungsfreiheit und ein friedliches Miteinander einsetzt. Sie betont, dass ihr Mann niemals den Islam beleidigt habe, sondern immer nur jene, die den Glauben der Menschen für ihre Zwecke missbrauchen.

2012 hatte Raif Badawi die Flucht seiner Ehefrau und der drei Kinder nach Kanada organisiert, weil er negative Folgen für seine Familie befürchtete.

Der Brief

Übersetzung:

„Papa, glaube mir, ich hätte nie gedacht, dass ich ohne Dich sein muss.  Ich hätte nie gedacht, dass Du mich Morgens nicht mehr wie üblich aufwecken könntest, um zur Schule zu gehen. Das hätte ich mir nie vorstellen können. Du bist weit weg von mir in Gefangenschaft, weil Du für Deine Ideale gekämpft hast. Du bist eine friedliebende Person, die die Menschen liebt und ihnen Gutes wünscht. Warum bist Du in Haft, Papa? Das frage ich mich jeden Tag. Stimmt es, dass es darum ist, weil Du eine Webseite erstellt hast, die eine politische und soziale Debatte ausgelöst hat?
Als Mama mir erzählt hat, dass Du wegen Deiner Überzeugungen in Haft bist, habe ich bei Google nach Deinem Namen gesucht. Ich war überrascht über die Unterstützung, die Du von überall her bekommst.
Wenn Mama nicht wäre, würden wir noch viel mehr unter Deiner Abwesenheit leiden. Ja, Mama ist stark, mach Dir keine Sorgen. Seit zweieinhalb Jahren tut sie alles, um Deine Abwesenheit auszugleichen. Aber nichts kann Dich ersetzen. Meine Schwestern und ich fragen uns insgeheim, wie wir Dich aus dem Gefängnis holen könnten. Myriam hat gesagt, sie würde nach Saudi Arabien fahren, ins Gefängnis einbrechen und die Wachen schlagen, „damit Papa da raus kommt. Papa muss zurück nach Hause kommen!“ Wir warten auf den Tag, an dem Dein Flieger auf dem Flughafen von Montreal eintrifft. Dann wirst Du mich sehen, wie ich weinend auf Dich warte und ich werde nicht aufhören, bevor Du mich in Deine Arme nimmst und meine Tränen trocknest.

Hoffnung?

Am 09. Januar 2015 wurde Raif Badawi zum ersten Mal ausgepeitscht. Die gesundheitlichen Folgen waren so schwerwiegend, dass auf Anraten der Ärzte eine weitere Vollstreckung (bislang fünfmal) ausgesetzt wurde.

Mittlerweile kursieren Gerüchte, nach denen ein Vertreter der Botschaft von Saudi-Arabien in Berlin dem NDR mitgeteilt haben soll, dass die Auspeitschung von Raif Badawi gestoppt sei und er nicht 10 Jahre in Haft bleiben müsse. Tatsächlich aber liest sich die Information ans NDR so:

„Die Bestrafung von Herrn Raif Badawi wurde, wie ich verstanden habe, gestoppt. Er wird keine Peitschenhiebe mehr erhalten. Ich nehme an, dass Herr Badawi, nachdem die Auspeitschung gestoppt wurde, nicht zehn Jahre in Haft bleiben wird.“

Eine verlässliche Aussage scheint dies nicht zu sein, eher eine Ansammlung von Vermutungen als ein konkreter Anlass zur Hoffnung.

Morgen ist wieder Freitag

Von einer erneuten Aufschiebung der Vollstreckung weiterer 50 Peiteschenhiebe war bislang nichts zu hören oder zu lesen. Möglicherweise wird Raif Badawi morgen wieder öffentlich ausgepeitscht werden. Kann er diese Folter ein weiteres Mal überleben?

Bitte hören Sie so lange nicht auf, Raif Badawi zu unterstützen, indem Sie sich an der Urgent Action von Amnesty International beteiligen, diese teilen und Ihre Freunde über den Fall Raif Badawi informieren, bis dieser auf freiem Fuß und auf dem Weg zu seiner Familie nach Kanada ist.

© Andrea Wlazik

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