Was würden wir tun, wenn wir nochmal neu anfangen könnten?
„Wir würden unseren Kindern das größte Geschenk machen: Eine bessere Welt.“ Wenn RWE innogy in ihrem Werbespot diese Frage stellen und so beantworten, klingt das nach Umdenken, nach Umweltschutz, nach Zukunft.
Parallel hält RWE Power jedoch weiterhin nostalgisch und völlig unlogisch am völlig überholten, umwelt- und gesundheitsschädlichen Energieträger Braunkohle fest. Umweltpädagoge Michael Zobel weiss, dass der Energieriese andere Möglichkeiten hätte als Zerstörung der Überbleibsel des Hambacher Waldes. Er appelliert an RWE, diese zu nutzen und uns und unseren Kindern den Rest dieses einmaligen Waldes zu erhalten.
Ein Aufruf auch an alle Pressevertreter, diesen Appell aufzugreifen, zum Thema zu machen und bei RWE nachzufragen. Eine Mahnung an Politiker, diesen Appell zu lesen und vielleicht in ihre politischen Überlegungen und Entscheidungen mit einfließen zu lassen. Eine Bitte an alle Menschen, diesen Appell über ihre Kanäle zu verbreiten.
Appell an RWE und die Politik
Rettet den Rest des Hambacher Waldes
Sehr geehrter Herr Terium, sehr geehrte Damen und Herren bei RWE, der RWE Power AG, der RWE Generation SE,
vor fast 40 Jahren startete der Braunkohle-Tagebau Hambach. Damals, in Zeiten von Öl- und Energiekrise fast ohne kontroverse Diskussionen, die Notwendigkeit der Nutzung der knappen einheimischen Ressourcen wurde von fast allen Menschen so hingenommen, der Verlust von Natur, Kultur, Heimat wurde als unausweichlich akzeptiert.
Im Zuge des Tagebaus Hambach wird seitdem der größte zusammenhängende Wald des Rheinlandes gerodet. Von ehemals knapp 6000 Hektar sind 90% verschwunden. Und der verbliebene Rest soll in den kommenden Jahren genauso vernichtet werden. Die nächste „Rodungssaison“ steht bevor, geht alles nach Plan, werden von Oktober 2016 bis Februar 2017 erneut etwa 80 Hektar dieses phantastischen Waldes verschwinden.
Die Leistungen von einstmals Rheinbraun und nun von RWE im Zusammenhang mit Rekultivierung sind unbestritten und im Weltmaßstab führend. Trotzdem lässt sich ein Wald und vor allem eine Bodenstruktur, die seit der letzten Eiszeit, also seit etwa 12000 Jahren, gewachsen sind und sich entwickeln konnten, nicht so einfach ersetzen.
Nun sind wir im Jahre 2016. Fast alle Gegebenheiten, die in den 70er Jahren unser Leben bestimmten, haben sich komplett verändert. Industrie, Mobilität, Automatisierung, Vernetzung, Datenverarbeitung, die Entwicklungen sind in fast allen relevanten Bereichen rasant. Viele Industriezweige gibt es nicht mehr, der Wirtschaftsstandort Deutschland existiert aber immer noch. Nicht zuletzt wegen des unglaublichen Potentials an Ingenieurleistungen, Erfindergeist, Mut zu Innovationen.
Gerade findet diese Revolution im Bereich Energie/Energieerzeugung statt. Auch RWE hat die Zeichen der Zeit offensichtlich erkannt. Die neue Firma innogy ist in der Startphase, es läuft eine gigantische Werbe-Kampagne, kreativ und modern gestaltet von Scholz&Friends aus Berlin. Und noch in 2016 geht es an die Börse. RWE setzt mit innogy auf erneuerbare Energien, „zum Wohle unserer Kinder“, wie es in einem Spot heißt.
Nichtsdestotrotz wandert der Tagebau Hambach weiter nach Südosten. Langsam und unaufhaltbar? Steht man an den offiziellen Aussichtspunkten rund um den Tagebau, sieht man nicht nur das gigantische Loch, 50 Quadratkilometer groß, im Moment mehr als 400m tief, Richtung Süden werden es in den kommenden Jahren knapp 500m.
Was man auch sieht, ist die Tagebaukante Richtung Südwesten, darauf den Rest des einstmals stolzen Hambacher Waldes. Dazu große gerodete Flächen im Tagebauvorfeld, die Bagger, die Fließbänder, die Absetzer. Und man kann erkennen, dass eine Förderung von Braunkohle auch in den kommenden Jahren im Vorfeld möglich sein müsste, ohne den letzten Rest dieses Waldes zerstören zu müssen. Vor allem im südwestlichen Teil sind die Tagebauvorfelder so groß, dass sie für eine mehrjährige Kohleförderung ausreichen werden. In den kommenden Jahren werden mehr und mehr Kohlekraftwerke abgeschaltet, der Anteil erneuerbarer Energien steigt rasant. Dadurch werden die notwendigen Förderkapazitäten kleiner.
Der Hambacher Wald, auch der verbliebene Rest, ist in seiner Zusammensetzung einmalig, die Botaniker und Forstleute sprechen von einem Stieleichen-Hainbuchen-Maiglöckchen-Wald, in dieser Zusammensetzung einzigartig in Europa. Ein schützenswerter Wald, der unter die Flora-Fauna-Habitat Richtlinie fällt. Natura 2000 Code 9160.
Als Naturführer und Waldpädagoge biete ich zusätzlich zu meinem sonstigen Programm seit zweieinhalb Jahren monatliche Führungen im Rest des Hambacher Waldes an. Dazu kommen vermehrt private Buchungen von Betrieben, Lehrerkollegien, Schulklassen, kirchlichen Einrichtungen, Naturschutzverbänden, Hochschulinstituten. All diese Menschen wollen sich ein Bild machen, was hier zwischen Aachen und Köln passiert. Mehr als 3600 Menschen jeglicher Herkunft und jeden Alters waren bisher dabei, von Kindern und jugendlichen Umweltaktivisten bis zu sehr alten Menschen und RWE-Mitarbeitern. Der 18. September ist der nächste Termin. Auf den Führungen geht es mir darum, Bilder zu zeigen und Gespräche in Gang zu bringen, die es ansonsten nicht gäbe.
Inzwischen gibt es ein sehr großes Presseecho, von den Aachener und Kölner Zeitungen bis zu ARD, ZDF, arte und dem belgischen Rundfunk, das Interesse wird immer größer.
Die Themen Energieerzeugung, Energiewende, Klimawandel, Dekarbonisierung, Lebensgrundlagen auf der Welt, Nachhaltigkeit prägen die tägliche Berichterstattung.
Es gibt positive Zeichen: Das gerade zu Ende gegangene Klimacamp in Erkelenz ist friedlich verlaufen. Die Polizei setzt rund um die Tagebaue auf Deeskalation. Vertreter der Gewerkschaft IGBCE und Braunkohlegegner suchen das Gespräch. „Runde Tische“ haben im Landtag NRW stattgefunden. Es existiert ein breites Bündnis quer durch die Gesellschaft, das ernsthaft Gespräche mit RWE zu einer Befriedung der Auseinandersetzungen rund um die Braunkohle sucht.
Doch wo bleiben ähnliche Signale seitens der RWE Power AG, der RWE Generation SE, wo bleibt das Umdenken bei RWE?
Deshalb hier mein Appell:
Werte Verantwortliche bei RWE: Ich fordere nicht den sofortigen Stopp der Braunkohleförderung im Tagebau Hambach.
Aber, geben Sie sich einen Ruck, setzen Sie ein Zeichen!
- Stoppen Sie die Rodungssaison 2016/2017 im Hambacher Wald
- Nehmen Sie die Trasse der alten A4 als „Rote Linie“ und erhalten Sie die Reste des einstmals stolzen Hambacher Waldes südlich dieser Linie.
- Planen Sie den Kohleabbau im Tagebau Hambach so um, dass in diesem und den kommenden Jahren Braunkohleförderung möglich ist, ohne die verbliebenen 10% des Hambacher Waldes unwiederbringlich vernichten zu müssen
- Nutzen Sie diesen Schritt für die Entwicklung von innovativen Ideen. Ideen, wie der Hambacher Wald vielleicht erhalten werden kann. Für uns und unsere Kinder. Als Ausgangspunkt für neue Rekultivierungsverfahren. Als Zeichen an die Welt. Als glaubwürdiges Zeichen, wie ernst das Umdenken im Konzern gemeint ist. Als Modell für vergleichbare Regionen weltweit.
- Das alles wäre vielleicht noch bessere Werbung als eine teure Kampagne von renommierten Werbeagenturen.
- Setzen Sie sich zusammen mit Umweltverbänden, Politikern, Planern, Kirchen. Und entwickeln Sie gemeinsam einen zukunftsfähigen Plan, wie es nach Ende der Braunkohletagebaue im Rheinischen Revier weitergehen soll, zum Wohle der Menschen hier vor Ort, aber auch der Menschen und der Lebensgrundlagen weltweit.
- Stoppen Sie die Umsiedlungen und nehmen Sie sich Zeit, die ökonomischen, ökologischen und nachhaltigen Aspekte für die Notwendigkeit der weiteren Kohleförderung neu zu berechnen.
Helfen Sie mit, den Rest des Hambacher Waldes zu retten!
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Zobel, Naturführer und Waldpädagoge aus Aachen
mobil: 0171-8508321
Mail: info@zobel-natur.de
p.s.: in der 37. Kalenderwoche gebe ich diesen Brief an die Presse, die Politik, die Kirchen und an alle, die sich um den Erhalt der Schöpfung und der Lebensqualität kümmern, zur Kenntnis
—–
Außerdem lesenswert:
Tagebuch zur Aktion „Leise Eroberung“
Mitmach-Aktion #GesichtgegenBraunkohle