Tiffin

In der Folge „Pause ohne Plastik“ ging es vornehmlich darum, wie man die Pause von Kindergarten- oder Schulkindern plastikfrei gestaltet. Ausgegangen wurde von Obst, belegten Broten und kalten Alternativen bzw. Beilagen. Natürlich eignen sich alle im Artikel genannten Speisen auch als Pausensnack für „die Großen“. Allerdings arbeitet so mancher Erwachsene bis in die späten Abendstunden und mag dann an seinem wohlverdienten Feierabend nicht noch in der Küche stehen.

Manche mögen’s heiß

Eine Kantine oder Mensa in der Nähe der Arbeitsstelle ist keine Selbstverständlichkeit. Oft bleibt nur der Gang zum Restaurant oder zur Imbissbude, um sich von dort aus für die Pause oder für den Feierabend etwas mitzunehmen. Auch wenn einem das Alltagschaos über dem Kopf zusammenbricht, größere Renovierungsarbeiten anfallen oder man einfach nur gemütlich mit der Familie den Lieblingsfilm schauen und den lieben Gott (oder wen auch immer) einen guten Mann sein lassen will, sorgt ein Menü „to go“ für Entlastung.

Müll-to-go

Ein Plastikbeutel, zwei in Alufolie gewickelte Plastikschalen mit Pommes (appetitlich garniert mit bunten Plastikgäbelchen), ein großer Portionsteller (aus Plastik!) mit einem Falaffel-Menü, eine verschließbare (Plastik-)Schale mit Salat und je ein Miniplastikschälchen mit Ketchup und Majo. Vorbei die Illusion vom entspannten Abend! Meine Nackenhaare stellen sich hoch, mein Appetit droht zu vergehen, das Adrenalin weiß noch nicht so ganz, welcher Aggregatzustand gerade gefordert wird. Meine Tochter schaut mich an, halb belustigt, halb genervt. „Ach Mama!“

Ja, ich weiß: „Ach Mama!“ Das heißt soviel wie: „Du schon wieder! Stell Dich doch nicht so an! Wie werden ja bald zu Ökos, das ist richtig peinlich.“ In diesem Augenblick, das weiß ich genau, wünscht sich meine Tochter in eine ganz normale Familie. Am Liebsten in so eine, in der es am Sonntag Braten mit Klößen und Rotkohl gibt. Aber zumindest in eine, bei der man mit der Mutter einkaufen gehen kann, ohne dass jeder zweite Kaufwunsch mit einem genervten„…aber das ist ja schon wieder in Plastik…“ beantwortet wird.

Dabei bin ich gar nicht so schlimm. Nur ein bißchen allergisch gegen Plastik, vor allem Einwegplastik, das nach wenigen Minuten Nutzung in der Tonne, von dort aus auf der Deponie, im Meer und irgendwann im Magen von Tieren und möglicherweise auch auf unserem Teller landet.

Die Alternative: Tiffin & Co.

Wäre es nicht toll, wenn man sein Essen vom Restaurant oder der Imbissbude aus in einer plastikfreien Mehrwegverpackung à la Henkelmännchen transportieren könnte? Da kommen nostalgische Erinnerungen hoch, oder? Für die Jüngeren sei kurz erklärt: Die „gute Hausfrau“ (die mit der Lockenwicklerwelle und der karierten Küchenschürze) packte früher ihrem brav arbeitenden Gatten das warme Mittagessen in diese Metalldosen.

Nun könnte man natürlich für jedes Familienmitglied eine entsprechende Transportbox kaufen,  zum Beispiel die Tiffin Triple. Diese Edelstahlbox eignet sich für bis zu drei Gänge, ist wiederverwendbar, frei von Plastik und Schadstoffen und verträgt sogar die Freifahrt in der Spülmaschine.

Was aber, wenn man spontan länger arbeiten muss und eigentlich auf dem Weg nach Hause schnell etwas Warmes zu Essen besorgen könnte? Ich meine, man trägt ja nicht ständig einen Familienvorrat Edelstahldosen mit sich herum. Muss man dann doch den (Plastik-)Brocken schlucken und den ganzen Heimweg das schlechte Gewissen damit beruhigen, dass es ja nur „ausnahmsweise“ ist? Wie oft ist denn „ausnahmsweise“? Und wann gilt eine Ausnahme als gerechtfertigt?

Achtung, Werbung!

Diese Fragen dürfen gerne rein philosophische Fragen bleiben – zumindest wenn es nach Mustafa, Hendrik, Veronika und Sabrina von ECO Brotbox geht. Die haben sich nämlich etwas überlegt, was genau dieses Problem löst. Ein Projekt, für das ich gerne Werbung mache, weil es meinen plastikarmen Alltag auf die Dauer nämlich sehr vereinfachen könnte. Eine Idee, ähnlich denen, die in Kanada, England und der Schweiz verpackungsfreies Take-away möglich machten.

Die Vision

Geht es nach dem Team des „Tiffin Projekts“, kann der umweltbewusste Feinschmecker im Restaurant oder der Imbissbude zukünftig auch in Deutschland frei entscheiden, ob er sein Essen in der klassischen Einwegverpackung oder in der umweltfreundlichen Tiffin Box mitnehmen möchte. Gegen eine kostenlose Registrierung kann die Box im Restaurant ausgeliehen und später zurück gegeben werden. Und wer möchte, kann sie sogar dort kaufen.

So sollen Ressourcen geschont, Verpackungsmüll reduziert und die Gesellschaft „zu einem bewussteren Umgang mit der Umwelt“ angeregt werden. Ein großes Ziel, so Hendrik Raufmann, sei es, „immer mehr Menschen zu einem nachhaltigen Lebensstil anzuregen“. Doch zunächst einmal sollen in einer Pilotphase zehn Berliner Restaurants mit den Tiffin Boxen ausgestattet werden. Sollte das Tiffin Projekt erfolgreich anlaufen und andere Städte Interesse zeigen, ist eine bundesweite Ausdehnung nicht ausgeschlossen.

Zeichen setzen

Wie so oft in der Reihe „Plastik-FreiTag“ geht es um die Macht, die wir als Verbraucher haben. Um motiviert zu bleiben (und um andere zu motivieren), ist es wichtig, sich immer wieder klar zu machen, dass wir selten so hilf- und alternativlos sind, wie wir zunächst glauben. Konkret heißt das hier:

  • Wir können in unserem Lieblingsrestaurant vom Tiffin Projekt erzählen und erklären, warum wir eine solche Initiative begrüßen. Berliner Restaurantbesitzer, die Teil der Pilotphase sein möchten, können sich per Mail (machmit@dastiffinprojekt.org) an das Tiffin Projekt wenden.
  • Wir können uns finanziell am Crowdfunding für die Pilotphase beteiligen und als Dankeschön z.B. praktische plastikfreie Tiffin Boxen (je nach Betrag mit Namen, Logo oder Konterfei), tolle Events (bis hin zur Indienreise mit dem Projektteam) und kulinarische Köstlichkeiten aussuchen.
  • Wir können (z.B. durch Teilen in den sozialen Netzwerken) andere umweltbewusste Menschen auf das Tiffin Projekt und das Crowdfunding für die Pilotphase hinweisen.

Auch wenn wir nicht in Berlin wohnen, können wir das Tiffin Projekt unterstützen. Und wo auch immer wir leben, können wir unser Mitnahmeverhalten hinterfragen und andere auf biologisch abbaubare Alternativen oder Mehrwegmöglichkeiten hinweisen.

Wir dürfen nie vergessen, dass Plastik mehrere Jahrhunderte braucht, um abgebaut zu werden. Die Plastikmenge, mit der unsere Erde belastet wird, stagniert nicht. Solange wir nicht die Bremse ziehen – und zwar gemeinsam! – steigt sie täglich weiter. Was wollen wir unseren Kindern hinterlassen? Einen lebenswerten Planeten oder einen ausgeplünderten Plastikball?

© Andrea Wlazik

Außerdem in der Info-Reihe Plastik-FreiTag:

Pause ohne Plastik

Kleine Brötchen backen

Einkauf OHNE bald in München

Weitere Folgen

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