Aktionsadventskalender

Heute öffnete der Aktionsadventskalender das bereits angekündigte zehnte Türchen. Die Initiative Buirer für Buir hatte gemeinsam mit dem Tanztrainer Franz Ridderbecks zu einem griechischen „Tanz an der Kante“ geladen.

Das zehnte Türchen

Dem zufällig vorbeikommenden Betrachter bot sich heute ein ungewohntes Bild. An der stillgelegten Auffahrt zur alten A4 bewegte sich etwas. Mitten auf der Straße tanzte eine etwa 20-köpfige Gruppe unter Anleitung von Franz Ridderbecks zu griechischer Musik. Mit dem „Tanz der Verzweiflung“ drückten die Anwesenden aus, was einen unweigerlich beschleicht, wenn man um sich schaut: Rechts und links der Straße ist der Wald regelrecht gefleddert. Wer weiß, dass es sich hier nicht um die Rodungskante handelt, ahnt die Willkür.

Angelockt durch die Musik fühlten sich selbst die Geister gefällter Bäume eingeladen, im „Tanz der Verzweiflung“, der an dieser Stelle mehr als angebracht schien, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen.

Aktionsadventskalender

Nach dem ruhigen Tanz der Verzweiflung folgten weitere griechische Tänze, die Mut, Kraft und Hoffnung geben sollten. Man tanzte „der Sonne entgegen“ und „unter Bäumen, die rote Äpfel tragen“. Der Rhythmus wurde lebendiger, der Takt schneller. Ab und an strauchelte ein Fuß, wurde aber rasch von der Menge aufgefangen und wieder aufgenommen in die Harmonie der Füße links und rechts neben ihm.

Frieden

Zum Abschluss zitierte Franz Ridderbecks des griechischen Dichters Jannis Ritsos*, der folgendes Gedicht dem Friedenspreisträger Kostas Varnalis widmete:

Frieden ist der Traum des Kindes.
Frieden ist der Traum der Mutter.
Die Worte der Liebe unter Bäumen,
das ist Frieden

Der Vater, der am Abend früh nach Hause kommt,
ein breites Lächeln in den Augen,
einen Korb mit Früchten in der Hand,
und die Schweißtropfen auf seiner Stirn
wie die Tropfen auf dem Krug am Fenster,
der das Wasser kühl hält,
das ist Frieden.

Wenn die Narben der Verletzung auf den Gesichtern
der Menschen sich allmählich schließen,
und wir in den Trichtern, die Granaten aufrissen,
Bäume pflanzen,
wenn in den Herzen, die die Flamme sengte, die ersten
Knospen der Hoffnung sprießen,
wenn die Toten sich ruhig auf die Seite drehen und
ohne Sorgen schlafen können,
wissend, dass sie ihr Blut nicht umsonst vergossen,
dann ist Frieden.

Frieden ist der abendliche Duft nach Essen;
wenn das Anhalten der Autos auf der Straße
keine Angst bedeutet,
wenn das Klopfen an der Tür ein Freund heißt
und das Öffnen des Fensters jederzeit den Himmel einlässt,
der unsere Augen feiert mit den fernen Glocken
seiner Farben,
dann ist Frieden.

Frieden ist ein Glas warmer Milch und ein Buch
vor dem Kind, das aufwacht;
wenn die Ähren sich wiegen und einander zuflüstern;
das Licht, das Licht, das Licht!
und der Rand des Horizonts überfließt vom Licht,
dann ist Frieden.

Wenn die Gefängnisse zu Bibliotheken umgebaut werden,
wenn ein Lied in der Nacht von Schwelle zu Schwelle
aufsteigt,
wenn der Frühlingsmond aus der Wolke tritt,
wie der Arbeiter am Samstag Abend frisch rasiert
aus dem Barbierladen seines Viertels,
dann ist Frieden.

Wenn der vergangene Tag
kein verlorener Tag war
sondern die Wurzel, aus der Abends die Blätter
der Freude sprießen,
ein gewonnener Tag und ein gerechter Schlaf,
wenn Du wieder merkst, dass die Sonne eilig
ihre Schnure bindet,
um die Trübsal aus den Winkeln der Zeit zu jagen,
dann ist Frieden.

Frieden sind die Ährengarben auf dem Sommerfeld,
ist die Fibel der Güte zu Füßen der Morgenröte,
wenn Du sagst: Mein Bruder – wenn wir sagen,
morgen bauen wir,
wenn wir bauen und singen,
dann ist Frieden.

Wenn der Tod nur wenig Platz in unserem Herzen hat,
die Schornsteine mit sicheren Fingern Glück aufzeigen,
wenn die große Nelke der Abenddämmerung
Arbeiter und Dichter gleichermaßen riechen können,
dann ist Frieden.

Frieden sind die Hände, die einander drücken,
ist das warme Brot auf dem Tisch der Welt,
ist das Lächeln der Mutter,
nur das,
nichts anderes ist Frieden.

Die Pflüge schreiben, tiefe Furchen ziehend,
auf der ganzen Erde einen Namen nur:
Frieden. Nichts anderes. Frieden.

Wenn auf den Schienen meiner Verse
der Zug mit einer Ladung
Korn und Rosen in die Zukunft fährt.
Dann ist Frieden.

Geschwister
im Frieden atmet die ganze Welt
mit allen ihren Träumen tief auf.
Gebt Euch die Hände. Geschwister,
das ist Frieden.

Aktionsadventskalender „Hambacher Forst bleibt“

Am 01. Dezember 2016 stellte ein breites Bündnis aus NGOs, Bürgerinitiativen und Privatpersonen aus dem Braunkohlenwiderstand einen Aktionsadventskalender online. Bis zum 24. Dezember soll jeden Tag eine Aktion stattfinden, die auf die akute Zerstörung des Hambacher Waldes aufmerkam macht. Jeder Mensch, dem der Erhalt des einzigartigen Waldes am Herzen liegt, ist eingeladen, sich mit kreativen Ideen einzubringen. Als Kennzeichen dient ein rotes Kleidungsstück (alternativ ein roter Gegenstand) mit der Nummer des Türchens als Aufschrift. Es sind alle Formen des Widerstands erlaubt, vorausgesetzt, sie beinhalten keine Gewalt. Körperverletzung, sei es geplanter oder fahrlässiger Art, kann in einem Adventskalender, an dem sich jeder beteiligen kann, keinen Platz haben. Wer eines der noch freien Türchen verbindlich reservieren oder sich informieren möchte, kann dies unter 01577/6655450 tun.

*Jannis (Giannis) Ritsos – war in Griechenland sehr bekannt; heute wahrscheinlich weniger. Er hat viele Gedichte geschrieben. Zum Teil wurden diese in andere Sprachen übersetzt, auch in Deutsch gibt es Gedichtesammlungen von Jannis Ritsos. Er war für den Nobelpreis Literatur vorgeschlagen, hat ihn allerdings nicht bekommen. Man sagt, weil er Kommunist war. Einige seiner Gedichtzyklen wurden von Mikis Theodorakis (bekannt u.a. durch die Filmusik zum Film Alexis Sorbas; Sirtaki) vertont und wurden dadurch als Lieder sehr bekannt, oft gesungen und gespielt.
Franz Ridderbecks