„2016 ist ein Jahr, in dem Sie und wir so manches auch gemeinsam bewegt haben für die Region, in der wir gerne leben und arbeiten.“ Mit diesen Worten lud der Vorstand der RWE Power AG die „Gesprächspartner“ des Unternehmens, üblicherweise Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Verbänden und sogar den Kirchen, zum traditionellen Barbara-Empfang auf Schloss Paffendorf ein. Während der Ehrengast, die heilige Barbara, sich in diesem Jahr betroffen von den scheinheiligen Festivitäten abwendete, erschienen Gäste, mit denen niemand gerechnet hatte. Ähnlich ging es auch anderenorts zu – ein toller Tag mit einem Aktionsadventskalender-Doppeltürchen.
Das fünfte Türchen
Sieben Menschen aus dem Braunkohlewiderstand postierten sich um kurz nach 17.00 Uhr im Hof von Schloss Paffendorf vor dem Weihnachtsbaum. Hinter ihnen leuchtete ein Display, in dem die Begriffe „Barbara-Empfang“ und „RWE-Power“ sich ein flottes Tänzchen gaben. Rasch wurden zwei große Banner ausgepackt. Eines trug ein umgedrehtes Bergmannszeichen und die Aufschrift „Rheinland wird Reinland“, auf dem anderen stand „IrRWEg stoppen!“ Mittendrin eine Fünf auf rotem Hintergrund – das Erkennungszeichen für den Aktionsadventskalender #HambiBleibt.
Nachdem die Szenerie, immer wieder misstrauisch beäugt von einzeln eintrudelnden Gästen, von unserem Superaktionsfotografen Hubert Perschke auf Bild gebannt worden war und ein Sicherheitsmitarbeiter offensichtlich nervös zu telefonieren begann, packten die sieben ihren Kram zusammen und verließen den Schlosshof. (Fotos zum Vergrößern bitte anklicken)
Am Eingang wurden anschließend Flyer verteilt mit den Worten: „Ein Barbara-Text für Sie…“ Um welche Art Text es sich handelte, werden die arglosen Popularitäten, die das Papier überrascht entgegen nahmen, erst später bemerkt haben.
Darauf abgebildet war die heilige Barbara. Neben ihr folgender Text:
…sie wendet sich ab und weint.
Dabei hatte sie sich, wie all die Jahre, eigentlich auf ihr Fest Anfang der Woche gefreut, die heilige Barbara.
Es war doch immer schön, wenn tausende Bergleute sie als ihre Patronin feierten, mit Musik, Glühwein, gutgesetzten Reden. Doch jetzt, heute morgen, an diesem 28. November, musste sie mit ansehen, dass ihre Bergleute nicht nur die Schätze des Bodens bargen – und bei dieser Arbeit hatte Barbara die Bergmänner immer gern beschützt – nein, heute musste sie mit ansehen, wie ihre geliebten Bergleute dem letzten verbliebenen Rest an Natur, an altem Wald, an das Erbe ihres Kollegen Arnoldus, diesem letzten Rest des Hambacher Forstes zu Leibe rückten, dabei auf ihren Schutz pfeifend.
Sie sah, dass im Kreischen der Kettensägen letzte Skrupel ungehört abgeschüttelt wurden, die letzten inneren Impulse um den Schutz der Natur und der Menschen, um Bewahrung der Schöpfung, dies alles ging im Lärm des Niedermachens unter, hatte keine Bedeutung mehr, und jetzt weiß sie, sie wird nächste Woche nicht an ihrem Fest teilnehmen…
Textquelle: Meditation zum Barbaratag, www.buirerfuerbuir.de
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Anderenorts
Unter dem Titel „Wohin steuert unsere Gesellschaft? – Die Zukunft der sozialen Gerechtigkeit“ hatte die Juso-Hochschulgruppe Köln zu einer Podiumsdiskussion mit Sigmar Gabriel geladen. Klimaschützer störten die Veranstaltung und begründen dies so:
Mit Kohlebaggern lässt sich schwer diskutieren
„Heute stören wir die Veranstaltung mit Sigmar Gabriel an der Uni Köln, weil wir es nicht hinnehmen wollen, dass sich einer der prominentesten Befürworter der Kohleverstromung, der klimaschädlichsten Methode der Energiegewinnung überhaupt, als Retter des Sozialen aufspielt.
Sigmar Gabriel, dessen Partei das Sozialkahlschlagsprojekt Hartz IV begründete, und der z.B. mit den Abkommen CETA und TTIP, eine katastrophale Verschlechterung der Arbeitnehmer_innen-Rechte in Kauf nimmt, versucht sich mit der „Rettung“ der Arbeitsplätze bei den fossilen Energiekonzernen als Sozialpolitiker zu profilieren.
Angesichts der vollkommenen Ignoranz von Konzernen, Politiker_innen und Verbänden sehen wir uns auch zu direkten Aktionen wie Tagebaubesetzungen, Gleisblockaden und Störaktionen von Veranstaltungen gezwungen.
Wenn es nach Sigmar Gabriel geht, sollte Deutschland nicht im nächsten und auch nicht im übernächsten Jahrzehnt aus der Braunkohle aussteigen. Er hat persönlich vor wenigen Wochen den ohnehin sehr wenig ambitionierten „Klimaschutzplan“ seiner Kabinettskollegin Barbara Hendricks sabotiert, um sogar die Minimalforderung, dass Deutschland überhaupt eine Jahreszahl zum Kohleausstieg festlegt, zu verhindern.
Nur ein sofortiges Einleiten des Braunkohleausstiegs als erster Schritt bietet jedoch überhaupt die Chance, dass die Ziele, auf die sich die UN vor einem Jahr in Paris geeinigt haben, erreicht werden könnten. Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung waren ausschließlich Jahre zwischen 1998 und 2015, mit 2015 und 2014 auf den ersten Plätzen. Die Prognosen der Wissenschaft zur Klimaerwärmung werden mit jedem Jahr dramatischer. Gerade jetzt zerstört der Braunkohle-Riese RWE die Reste des Hambacher Waldes, ungeachtet des anhaltenden Protestes.
Sigmar Gabriel aber weigert sich, wie viele Andere auch, die Politik zugunsten einer zerstörerischen Industrie aufzugeben. Deswegen stören wir seine Rede und versuchen nicht, ihn mit Argumenten zu überzeugen, die er kennt, aber ignoriert.“
Ein toller 05. Dezember mit zwei Störaktionen im Aktionsadventskalender – die heilige Barbara hätte ihre helle Freude gehabt.
Übrigens: Der Aktionsadventskalender #HambiBleibt hat jetzt eine eigene Facebook-Seite.
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